Lerninhalte |
Im Kurs werden wir uns mit der Frage beschäftigen, wie und warum Menschen reisen. Wir werden uns zu Beginn ein wenig mit dem Begriff und der Geschichte des Tourismus auseinandersetzen. Im Besonderen wird uns aber interessieren, was Menschen motiviert zu reisen und welche Bedeutungen sie damit verbinden. Einen nicht unbeträchtlichen Anteil daran haben natürliche touristische Strukturen und mediale Dispositive. Reisen ist zum Teil des Alltags und für viele auch zum Teil des eigenen Selbstverständnisses geworden. Menschen definieren sich und identifizieren sich über die Destinationen und die Arten des Reisens, die sie präferieren. Dabei zeigt sich nicht zuletzt ein starker Zusammenhang mit der sozialen Milieuzugehörigkeit. Ob ich etwa gerne in ferne Länder reise und fremde Kulturen kennenlernen möchte, ob ich Abenteuer und Action beim Wintersport suche, Partyurlaub bevorzuge, am liebsten mit Familie oder Freunden das eigene Land entdecke oder unter vier Sterne, Sonne und Whirlpool gar nichts geht: all diese Präferenzen weisen starke Zusammenhänge mit der sozialen Position auf.
Wer wir sind, bestimmt also ein Stück weit, wie wir reisen (wollen). Umgekehrt etabliert sich aber auch zunehmend der Anspruch, das eigene Selbst durch Reisen zu transformieren. Selbstfindung und Authentizität stehen hoch im Kurs. Die Tourismusindustrie hat diesen Trend längst erkannt und bietet unter Labels wie slow travelling oder Voluntourismus gezielt Reiseformen an für alle jene, die ‚anders reisen‘ möchten. Wir werden einige dieser neuen Reiseformen und ihre sozialen Hintergründe näher betrachten. Und nicht zuletzt wollen wir auch anschauen, wie Reisen ‚erzählt‘ werden: Wer fremde Orte besucht und etwas erlebt, möchte davon berichten. Das war früher so und ist auch heute noch so – die Vorzeichen haben sich aber verschoben: Plattformen wie Instagram, Travelblogs aber auch klassische Reiseliteraturformate verändern wie wir über Reisen berichten und damit, auch wir darüber denken, wie wir auf Reisen wahrnehmen und handeln.
Die Corona-Krise hat zuletzt für einen bedeutenden Einschnitt innerhalb der boomenden Reise-Industrie gesorgt aber auch eine kulturelle Praxis zum Erliegen gebracht, die zentral für spätmoderne Gesellschaften ist. Wir wollen uns über die sozialen Auswirkungen dieser Zäsur unterhalten. Dabei stellt sich mit Blick auf eine weitere Krise – die Krimaklise – auch unweigerlich die Frage, welche Rolle das Reisen in Zukunft spielen wird… oder sollte. Mit diesen und weiteren Themen werden wir uns in diesem Kurs beschäftigen und so versuchen, uns diesem sehr weiten Feld aus unterschiedlichen Perspektiven anzunähern und so dessen Bedeutung für Mensch und Kultur zu verstehen. |