Angst, Wut, Liebe, Hass, Neid, Schmerz, Freude – Gefühle sind Teil des menschlichen Alltags und sind Motivation, Begleitung oder Hinderungsgrund für unser Handeln. Man kann sie auch als Motor politischer und gesellschaftlicher Reform- und Demokratisierungsprozesse bezeichnen. Damit sind sie auch anfällig für politische Instrumentalisierung und Manipulation. Emotionen sind dabei nicht statisch: Sie sind historisch wandelbar, sind kulturell geformt und sozial geprägt. Gefühle sind dabei nicht nur individuell, sondern auch kollektiv.
Seit einigen Jahren beschäftigt sich ein Teil der Geschichtswissenschaft intensiv mit der Erforschung von Emotionen. Das Seminar will vor allem der Frage nachgehen, wie kollektive Gefühle erfasst werden können. Es stellt dabei in einem ersten Teil unterschiedliche Forschungsrichtungen, Fragestellungen und Methoden vor.
Der zweite Teil des Seminars widmet sich einem konkreten Beispiel. Geplant ist, die Ausstellung „Die Macht der Gefühle. Deutschland 19 | 19“ in der Universitätsbibliothek auszustellen. Die Ausstellung wurde von Ute und Bettina Frevert für die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ) und die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur erarbeitet. Sie wurde angeregt von den zahlreichen Jahrestagen 2019, die dazu auffordern, sich mit der Geschichte von Demokratie und Diktatur in Deutschland und mit der Macht von Gefühlen in Vergangenheit und Gegenwart auseinanderzusetzen: 100 Jahre Gründung der Weimarer Republik, 90 Jahre Weltwirtschaftskrise, 80 Jahre deutscher Überfall auf Polen und Beginn des Zweiten Weltkriegs, 75 Jahre 20. Juli und Landung der Alliierten in der Normandie, 70 Jahre doppelte deutsche Staatsgründung, der Regierungswechsel in Bonn vor 50 Jahren, 30 Jahre Friedliche Revolution und 15 Jahre EU-Osterweiterung. Die Ausstellung veranschaulicht Kontinuitäten und Brüche in den Gefühlswelten, die die vergangenen 100 Jahre prägten und deren Intensität heute Politik und Gesellschaft herausfordert.
Die Ausstellung soll ab dem 17. Juni in der Universitätsbibliothek zu sehen sein. Das Seminar wird die Ausstellung (bestehend aus Texten sowie ca. 140 historische Fotos und Faksimiles) organisieren, bewerben und eine Ausstellungseröffnung (mit inhaltlicher Einführung) konzipieren.
Weiterführende Links und Literatur
Aus Politik und Zeitgeschichte 32/33_2013: Emotionen und Politik: http://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/165759/emotionen-und-politik
Bettina Hitzer: Emotionsgeschichte – ein Anfang mit Folgen: https://www.hsozkult.de/literaturereview/id/forschungsberichte-1221
Internetportal „Geschichte der Gefühle“: https://www.history-of-emotions.mpg.de/de
Internetportal zur Ausstellung: https://machtdergefuehle.de/ |