Während die abendländische Musik dem improvisierenden Musiker eine relativ geringe Bedeutung beigemessen hat und dem interpretatorisch eingefärbten Nachvollzug des kompositorisch Vorgegebenen ihr Hauptaugenmerk widmete, verkehrt sich dieses Verhältnis in anderen Kulturen und Subkulturen geradezu ins Gegenteil (Jazz, Indien, Vorderer Orient etc.). Die Grenzziehung zwischen Improvisation und Komposition ist im Einzelfall jedoch schwierig. Das Wechselspiel zwischen musikalisch Freiem und musikalisch Gebundenem gestaltet sich in einzelnen Kulturen oder Spieltraditionen auf eine sehr eigene Art und Weise. Funktionsharmonik, Melodik und Modalität mögen Rahmen für die Improvisation setzen. Die »freie improvisierte« Musik trachtet, gegen jede Regelhaftigkeit anzuspielen (»Kaputtspielphase« des Free Jazz), ohne sich faktisch ganz von internen Bezügen lösen zu können. Zudem mag sich hinter der Frische des dem Augenblick geschuldeten musikalischen Einfalls eine Musterhaftigkeit verbergen, die sich dem Hörer beim ersten Hören nicht erschließt.
Ziel des Seminars soll es sein, anhand einzelner Beispiele aus verschiedenen Kulturen spezifische Konzepte und Strategien der Umsetzung einer durchgestalteten Improvisation kennen zu lernen und in eine vergleichende Perspektive zu setzen.
Dieses Seminar steht in engem Zusammenhang mit der Übung des Saxofonisten Frank Paul Schubert (»Freie Improvisation im Ensemble«, Ü 2188), einem in der freien Musikszene tätigen Saxofonisten. Der freien Improvisation soll deshalb auch im Seminar als ein Schwerpunktthema behandelt werden. |