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Die Erzählung der Liebe scheint sich in der Popmusik wohlzufühlen. Zumindest hat sie dieses Genre zu einem prominentem Trägermedium für ihre Themen erklärt: So etwa in Form der Topoi Verheißung, Feier, Wahn, Enttäuschung, Krise, Verlust bis hin zu Verderben und Tod. Die Narrationsstruktur von Poplyrik kommt den Impulsen der Liebe entgegen: Hier ist nicht die große Erklärung gefragt und nicht die umständliche theoretische Reflexion. Entscheidender sind das klug gesetzte Fragment, das unmittelbar berührende Wort, die Ästhetik des magischen Moments, manchmal nur das Timing des richtigen Nicht-Sprechens oder gepflegten Stammelns. Die tonale Einbettung der Worte unterstützt dann alles Weitere. Woher aber kommt eigentlich die Popularität der (romantischen) Liebe heute? Gängigen Modernisierungstheorien zufolge besteht ihr kultureller Bedeutungskern in einem Identitätsversprechen, moderne Diffusionserfahrungen abmildern zu können. Liebe fungiere daher als Korrespondenzraum moderner Subjektivitätserfahrung und dem Verlangen nach Bestätigung der eigenen 'Höchstpersönlichkeit' in einer kommunikativ vermittelten Lebenswelt, in der die Zunahme nicht-personaler Kommunikationen den schalen Geschmack eines ortlos gewordenen Selbst hinterlassen hätten. Romantische Liebe verspricht damit Ganzheit, bzw. Totalität des eigenen Selbst, also einen sozialen Ort, das 'Ich' als 'echt', als 'authentisch', kurz: als widerspruchsfrei zu erleben. Sie gilt als eine moderne Lösung der symbolischen Vermittlung personaler Identität.
Diese Vermittlungen werden im Seminar ausgeleuchtet. Wir sondieren typische Themen, die sich die romantische Liebe in den letzten Jahrzehnten in Songtexten der Popmusik gesucht hat. Als Analyseeinstellung fragen wir nach dort auffindbaren Subjektivierungsweisen und Subjektpositionierungen im Verhältnis von Liebessubjekt und -objekt, Gesellschaft und Zeitwandel. Und wir suchen nach Außengrenzen: Wo beginnt das Nicht-populäre oder gar das Unpopuläre der Liebesthematisierung? Ohne eine kultur- und sozialwissenschaftliche Bestimmung des 'Anti-Pop' in der Liebe würden wir die Karriere des Themas Liebe in der Popmusik nicht verstehen. Die Kursteilnehmer_innen sind dazu eingeladen, eigene Materialvorschläge (Songtexte u.A.) zum Thema beizusteuern. |