Beschreibung
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Bereits die klassischen Studien von Sherif (1935) und Asch (1956) zeigten, dass sozialer Einfluss Entscheidungen in einfachen Wahrnehmungsaufgaben – sogenannte perzeptuelle Entscheidungen – verändern kann. In Sherifs Studien konvergierten Personen bei der Beurteilung eines ambivalenten Reizes zu einem gemeinsamen Konsens und folgten diesem auch dann, wenn sie den Reiz später alleine beurteilten. In den Asch-Experimenten passten Personen ihre perzeptuellen Entscheidungen selbst dann einem sozialen Konsens an, wenn dieser den Reizinformationen eindeutig widersprach. Bis heute ist jedoch weitgehend unklar, über welche kognitiven Mechanismen sozialer Einfluss auf perzeptuelle Entscheidungen wirkt. Dahinter verbirgt sich die fundamentale Frage, ob sozialer Einfluss basale Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsprozesse verändern kann. Bisherige Befunde weisen zwar darauf hin, dass sozialer Einfluss die Verarbeitung von Reizinformationen verändern kann (z.B. Germar, Schlemmer, Krug, Voss & Mojzisch, 2014). Sie zeigen aber nicht, welche Mechanismen dafür verantwortlich sind. Darüber hinaus gibt es bisher keine theoretische Perspektive auf diese Frage.Um diese wichtige theoretische und empirische Lücke zu schließen, haben wir ein neues Modell entwickelt, das wir im Rahmen des Forschungsvorhabens testen möchten. Wir postulieren, dass die Konfrontation mit einem sozialen Konsens über Verstärkungslernen die visuelle Aufmerksamkeitsallokation so verändert, dass es zu einer priorisierten Verarbeitung konsens-kongruenter Reizinformationen kommt, was wiederum die Wahrscheinlichkeit konsens-kongruenter Entscheidungen erhöht. Da es sich um erlernte Veränderungen handelt, sind diese nachhaltig, d.h., dass sie auch bei perzeptuellen Entscheidungen zu finden sind, die (wieder) allein getroffen werden (vgl. Sherif, 1935).
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