Beschreibung
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Seit der Aufdeckung der Fälle vo sexualisierter Gewalt in pädagogischen Institutionen im Jahr 2010 rücken Schutz- und Präventionskonzepte für Kindertageseinrichtungen, Schulen und außer- schulische Einrichtungen in den Fokus. Nicht in den Blick genommen wurde bislang die Hoch- schule, obwohl sie in dreifacher Hinsicht angefragt ist. Erstens ist sie eine Vermittlungsinstanz, die Wissen über sexualisierte Gewalt sowie über Präventionskonzepte denjenigen Studierenden vermittelt, die später als Fachkräfte in pädagogischen Handlungsfeldern tätig sein werden. Doch in der Hochschullehre sei das Thema kaum zu finden und damit keine adäquate Vorbereitung auf das spätere Arbeitsfeld gewährleistet, so das Resümee des von der Bundesregierung eingesetzten „Runden Tisches gegen sexuellen Kindesmissbrauch“ im Jahr 2011. Zweitens ist eine Thematisierung sexualisierter Gewalt immer auch eine Form der Sensibilisierung, die Aufdeckungsprozesse (Disclosure) auslösen und im besten Fall professionelle Hilfe für Betroffene vermitteln kann. Bekannt ist dieser Zusammenhang aus der Praxis, und er macht es notwendig, dass jede Thematisierung von sexualisierter Gewalt und/oder präventiver Ansätze bspw. in einer Lehrveranstaltung eingebettet ist in ein entsprechendes Hilfe- und Interventionsnetzwerk, über das aber nur wenige Hochschulen verfügen. Drittens ist die Hochschule selbst eine pädagogische Institution, in der sexualisierte Gewalt gegen Jugendliche und junge Erwachsene stattfindet und die daher Hilfestrukturen und Richtlinien zum Schutz ihrer Mitglieder bereitstellen muss. Auch hierzu gibt es bislang kaum Forschungen. Deshalb verfolgt das Projekt das Ziel, die Verankerung der Thematik in der Lehre und der Organisation zu untersuchen. Hierfür werden zum einen Lehrangebote und Modulhandbücher niedersächsischer Hochschulen analysiert, die für den Elementarbereich, Tätigkeiten in der Kinder- und Jugendhilfe, den außerschulischen Bildungsbereich und für das Lehramt ausbilden. Zum anderen werden rechtliche und organisationale Strukturen dieser Hochschulen untersucht, indem zunächst vorhandene Richtlinien, Schutzkonzepte, Hilfestrukturen, Beratungs- und Weiterbildungsangebote geprüft werden bevor in einem zweiten Schritt gemeinsam mit Studierenden, Studierendenvertreter_innen, beschäftigtem Personal im wissenschaftlichen und nicht wissenschaftlichem Bereich, Fachberatungseinrichtungen sowie Gleichstellungsbeauftragten die Bedarfe der Hochschulen ermittelt und an ausgewählten Hochschulen Risikoanalysen durch- geführt werden.
Als Ergebnis liefert das Projekt zum einen eine Ist-Landkarte der Präsenz der Thematik der sexualisierten Gewalt in der Lehre an niedersächsischen Hochschulen, die dem MWK als fact sheet zur Verfügung gestellt wird. Damit kann geprüft werden, inwieweit das Ziel des „Runden Tisches“ erreicht wurde, das Themenfeld der sexualisierten Gewalt in der Hochschullehre zu verankern um somit den Grundstein für die nachhaltige Entwicklung einer Wissens-, Wissenschafts- sowie Forschungslandschaft zu legen. Zum anderen erstellt das Projekt eine Broschüre mit Handlungsempfehlungen zur Etablierung und Verankerung von Richtlinien, Schutzkonzepten, Netzwerkstrukturen und Risikoanalysen, die allen Hochschulen in Niedersachsen zur Verfügung gestellt wird, um das Thema sexualisierte Gewalt langfristig organisational an niedersächsischen Hochschulen zu verankern und Präventions-, Hilfe- und Beratungsstrukturen aufzubauen. Perspektivisch kann auf den Ergebnissen für ein anschließendes Projekt mit bundesweiter Erhebung aufgebaut werden.
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