Lerninhalte |
In Do Androids Dream of Electric Sheep? (Philip K. Dick, 1968) grasen die titelgebenden synthetischen Schafe auf Dächern einer futuristischen Stadt, Binti (Nnedi Okorafor, 2015) zeichnet die Existenz einer intergalaktischen Universität nach und in The Left Hand of Darkness (Ursula K. Le Guin, 1969) wechseln Gethianer fließend ihre Geschlechtsidentität. In Science-Fiction-Literatur sind nicht nur Identitäts- und Gesellschaftskonzepte im Fluss, sondern ganz grundlegende Vorstellungen über unsere Gegenwart. Durch die Entwicklung spekulativer Welten, ermöglicht Sci-Fi Grenzerweiterungen vermeintlicher Normen und kann so Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen. Während in den 80er-Jahren fliegende Autos und Hoverboards in der Populärkultur kursierten, steht im Zeitalter generativer Sprachmodelle, wie ChatGPT, Künstliche Intelligenz für das zukunftsverändernde Motiv der Jetzt-Zeit. Dies spiegelt sich in Form dystopischer und utopischer Spekulationen in literarischen und medialen Diskursen wider, und beeinflusst ebenso auf ganz pragmatische Weise kreative Prozesse und Schreibpraktiken: große Sprachmodelle werden zunehmend als Tools in Schreibprogrammen eingesetzt, sie können darüber hinaus literarische Erzählsettings halluzinieren und neue Formen der Kollaboration ermöglichen – dies gilt gleichermaßen für auditive und visuelle Bereiche. Vor dem Hintergrund rasanter technischer Neuerungen, politischer Ereignisse, gesellschaftlicher Spaltung, Kapitalismus, Krieg und KI wollen wir im Projektseminar kritisch über eine mögliche Zukunft nachdenken, in der ein kollektives Miteinander, Intimität und Fluidität im Zentrum stehen. Anstatt Technik auszugrenzen, wollen wir diese einbeziehen, kritisch reflektieren und in das Jahr 2084 transferieren: Wie könnte also eine Zukunft, ausgehend vom Zeitalter der KI, im transhumanistischen Kollektiv imaginiert werden? Unser Ziel ist es, gemeinsam eine Welt zu erschreiben, die im Jahr 2084 angesiedelt ist und als Buch, narrative Installation oder literarische Performance umgesetzt werden soll. Ausgehend von der Lektüre von Sci-Fi-Texten und Cyborg-Manifesten, beschäftigen wir uns mit erzählerischen Mitteln, World-Building, Figurenentwicklung und spekulativen Fiktionen. Wir diskutieren Motive und Erzählschemata in spekulativer Literatur und erproben uns an verschiedenen Schreibformen und Methoden; wir schreiben allein, im Kollektiv, mit Tastaturen, Frames, Prompts und künstlicher Intelligenz. Wir entwickeln mutable Identitäten, Monster, Lovebots, Politiker:innen, Staatssysteme. Wir werden außerdem ein Material-Archiv anlegen, um Texte zu samplen, umzuschreiben oder zusammenzuführen. Im Zentrum steht die Frage: Wie wollen wir oder wie werden wir möglicherweise leben?
Arbeitszeiten Das Projekt findet Mittwoch bis Freitag (10 – 18 Uhr) statt. Es wird Kernzeiten sowie eigenständige Arbeitsphasen geben. Die Kernzeiten finden im Plenum statt, hier gilt Anwesenheitspflicht, damit wir gemeinsam als Gruppe arbeiten, wachsen und diskutieren können. Ausgenommen ist der Zeitraum, in dem die verpflichtende Vorlesung stattfindet (Donnerstag, 16 – 18 Uhr). Kernzeiten: Mittwoch 14 – 18 Uhr, Donnerstag 10 – 14 Uhr Die restliche Zeit kann eigenständig bzw. gemeinsam für Projektarbeit genutzt werden. Dazu gehört: Schreiben und andere kreative Arbeit, Recherche, Materialsuche/-aufbereitung, Lektüre, Organisation (der Abschlusspräsentation), Aufbereitung von spezifischen Sitzungen, ggf. Aufräum- und Auf- bzw. Abbau-Arbeiten, Treffen in kleineren Arbeitsgruppen, o.ä. Die eigenständigen Arbeitszeiten können flexibel gestaltet werden.
Das Projektseminar findet im Rahmen des „AI-Writing-Lab“ (gefördert von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre, Freiraum 2023) statt, das darauf abzielt, experimentelle Schreibformen mit KI zu erproben.
|