Literatur |
Vorläufiger Materialkorpus:
Theoretische Positionen: Bruno Latour, Kampf um Gaia. Vorträge über das neue Klimaregime, 2017 Bruno Latour, Das terrestrische Manifest, 2018 Jürgen Renn, Bernd Scherer (Hg.), Das Anthropozän. Zum Stand der Dinge, 2017 Bernd Scherer (Hg.), Denkbilder und Handlungsmuster des Anthropozäns, 2022 Frank-M. Raddatz, Das Drama des Anthropozäns, 2021 Sabine Schulze, Dennis Conrad (Hg.), tiere. respekt-harmonie-unterwerfung, Ausstellungskatlog Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, 2017
Künstlerische Positionen: Die Epoche des Menschen. Das Anthropozän, Dokumentarfilm von Jennifer Baichwal, (2018) Die Natur und Wir- Eine Kunstgeschichte 1-3, Dokumentarfilm von Ben Harding, 2021 Daniel Kötter, Raumperformance- und 360° Dokumentarfilmreihe “Landscapes and bodies”: Water & Coltan, Gold & Coal, Oil Shale, 2019-2022 Fronte Vacuo/Marco Donnarumma, Margherita Pevere, Andrea Familiari, Humane Methods 1-4, Langzeitprojekt Chris Bush, Kein Weltuntergang, Inszenierung: Katie Mitchell, Schaubühne 2021 Thomas Köck, Klimatrilogie: paradies fluten/paradies hungern/paradies spielen, 2017 Christopher Rüping, paradies, Thalia Theater Hamburg, 2020 Alexander Giesche, Der Mensch erscheint im Holozän, Schauspielhaus Zürich 2020 Philippe Quesne, Cosmic Drama, Theater Basel, 2021 Philippe Quesne, Farm Fatale, Münchner Kammerspiele, 2019 Helgard Haug/Stefan Kaegi/Daniel Wetzel, Weltklimakonferenz, Schauspielhaus Hamburg, 2014 Heiner Goebbels, Stifters Dinge, Théâtre Vidy Lausanne, 2007
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Lerninhalte |
Die Folgen des globalen Klimawandels und der Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie haben längst tektonische Verschiebungen motiviert, die verstärkt in Diskursen über das Zeitalter des Anthropozäns münden, welches die holozäne Periode zunehmend ablöst, indem es „anthropozentrische Skalierungen als inadäquat gegenüber realen ökologischen Prozessen“ (Frank-M. Raddatz) erscheinen lässt. Gemeint ist eine wachsende diskursive Durchdringung der Erd- und Menschengeschichte und ein damit verbundener elementarer Rollenwechsel, indem der Mensch, so die Meeresbiologin Antje Boetius, verstärkt als „geologische Kraft und Naturgewalt“ wahrgenommen wird. Somit gilt es gesellschaftliche Haltungen sowie wissenschaftliche Strategien zu potenzieren, die auch „das nicht-menschliche Leben“ verstärkt in die Diskurse miteinbeziehen und die zunehmend dysfunktional erscheinenden Dualismen von Natur/Kultur und Subjekt/Objekt neu denken. Eine daraus abgeleitete Frage in Bezug auf die ebenso herausgeforderten Künste lautet also, wie sich die Natur künstlerisch/performativ rahmen oder diskursiv auf die Bühne bringen lässt und wie die Natur z.B. in Form von Tieren und Pflanzen auftreten und in einem künstlerischen Co-Habitat/Biotop mit Menschen interagieren kann. Anders gefragt: Inwieweit lässt sich das anthropozäne Klimaregime überhaupt als ästhetischer Gegenstand begreifen und mit all seinen komplexen (Diskurs-)Vernetzungen spielerisch/szenisch/installativ/filmisch zeitgemäß darstellen, ohne dabei, so die Herausforderung, in alte Denk- und Repräsentationsmuster zu fallen?
Zunächst geht es darum mittels Lektüren unser Problembewusstsein zu schärfen, bewegliche Perspektiven einzunehmen und möglichst konkrete Fragen zu generieren, die primär ästhetische Dimensionen (z.B. Dokumentarästhetiken), aber auch damit zusammenwirkende Strukturdiskurse sowie das Thema der Nachhaltigkeit in den performativen Künsten berühren. In einem zweiten Schritt werden wir uns mit verschiedenen künstlerischen Positionen auseinandersetzen und diese auf ihre Spiel-, Darstellungs- und Erzählmodi sowie ihr ästhetisches Diskurspotential hin analysieren. Daran anknüpfend geht es darum, eine Kartografie anthropozäner zeitgenössischer szenischer Ästhetiken zu entwickeln und diese im Spannungsfeld von Wissenschaften und Künsten zu diskutieren. Unsere Methode ist zugleich einfach und komplex. Wir werden theoretische und künstlerische Positionen gleichberechtigt ineinander spiegeln und dabei transdisziplinäre, intermediale sowie kunstformenübergreifende Kontexte spannen, wobei der ästhetische Stoffwechsel zwischen Theater, Performance, Bildender Kunst und Dokumentarfilm besonders interessiert. |