Das Seminar wird den Begriff der Entfremdung in der gesellschaftskritischen Theoriebildung genauer erkunden. Hierzu werden wir uns die unterschiedlichen Konjunkturen und Deutungen dieses Konzepts ansehen und in Bezug auf aktuelle Problemlagen diskutieren. Wir werden uns zunächst mit Karl Marx Entfremdungsbegriff aus den Ökonomisch-Philosophischen Manuskripten auseinandersetzen. Dann werden wir mit Georg Lukács Verdinglichungskonzept eine erste Aktualisierung des Konzepts zu Beginn des 20. Jahrhunderts kennenlernen. Eine etwas anders gelagerte Deutung der Entfremdung gehen wir dann mit Helmuth Plessner nach. Schließlich werden wir uns mit Hannah Arendt das Konzept der Weltentfremdung ansehen, dass eine für heutige Verhältnisse interessante Diagnose enthält, weil es nicht das Selbst, sondern die Welt sei, von der der Mensch sich entfremdet habe. Wir werden neben dieser historischen Linie verschiedener Entfremdungs- und Verdinglichungsverständnisse auch neuere Debatten berücksichtigen (Axel Honneth; Rahel Jaeggi).
Dabei sind die folgenden Fragen erkenntnisleitend: Was ist Entfremdung? Was ist Verdinglichung? Welche gesellschaftlichen Problemlagen werden mit den Begriffen erfasst? Welchen Wert haben diese Konzepte für die Beschreibung heutiger Problemlagen?
Wir wollen die diagnostische und analytische Schärfe der Entfremdung zur Bestimmung gesellschaftlicher Problemlagen erkunden. Dabei sollen auch die Veränderungen, die der Begriff erfährt, theorieimmanent und gesellschaftstheoretisch gewendet, berücksichtigt werden. |