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Wer heute auf Europa blickt, könnte den Eindruck gewinnen, dass regionale Integration an Attraktivität und politischem Gewicht verloren hat. Die Vorlesung soll diesem Eindruck entgegenwirken, indem sie regionale Integration 1. in die lange Zeitdimension stellt, dadurch eine Perspektive ermöglicht, die kurzfristige Schwankungen relativiert; 2. weltweit vergleichend darstellt, dadurch die Konzentration der Theorie regionaler Integration auf Europa überwindet und unterschiedliche, teils gegenläufige, teils parallele Abläufe gegen einander stellt; 3. in den Kontext der parallelen Vorgängen der Migration und der Sicherheitsgewährung stellt. Bei dieser Zuwegung zeigt sich, dass seit den 1990er Jahren regionale Integration weltweit einer der wichtigsten Wirkmechanismen und –kräfte der globalen Politik geworden ist. Es gibt derzeit keinen Teil der Welt, der nicht in irgend einer Weise Prozessen der regionalen Integration unterworfen ist. Die Globalisierung der regionalen Integration hat zu ihrer Diversifizierung beigetragen
Die Vorlesung soll Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen Überblick über diese unterschiedlichen vergangenen und gegenwärtigen Formen und Ausprägungen der regionalen Integration vermitteln. Dabei soll gezeigt werden, dass regionale Integration als Form internationaler Politik in den meisten Teilen der Welt älter ist das der gegenwärtig dominierende Typ des Staats. Es soll zudem dokumentiert werden, dass die Vielfalt der Formen regionaler Integration so ausgeprägt ist, dass kein allgemeiner, weltweit anwendbarer Standard möglich ist, sondern dass im Gegenteil die jeweiligen Ausformungen regionaler Integrationen aus regionalen Faktoren in Betracht zu ziehen sind. Eine allgemeine Theorie der regionalen Integration hat sich folglich auf diejenigen Aspekte zu beschränken, die empirisch-vergleichend als sehr weit verbreitet erkannt werden können. Schließlich soll erläutert werden, dass Veränderungen der Praxis regionaler Integration weniger aus einer internen Logik von Integrationsprozessen zu erklären sind, sondern aus allgemeineren politischen, sozialen und wirtschaftlichen Faktoren, deren Wirkungen auch in anderen Politikbereichen erkennbar sind. Diesem Zweck dient der sachlich vergleichende Blick auf Migration und Sicherheitsgewährung. Alle drei Politikbereiche haben Wirkungen auf den Staat, sofern diese im Sinn der Staatstheorie des 20. Jahrhunderts bestimmt wird als die Trias der einheiten von Territorium, Bevölkerung und Regierung. Denn regionale Integration führt zu Änderungen von Grenzregimen und wirkt somit auf das Postulat der Einheit des staatlichen Territoriums. Migration wirkt auf das Postulat der Einheit der Bevölkerung eines Staats und Sicherheitsgewährung, sofern sie nicht ausschließlich durch staatliche Institutionen geleistet wird, führt zu Wettbewerb unter Sicherheitsanbietern und wirkt dadurch auf das Postulat der Einheit der Regierung. |