Inhaltliche Einführung: Der Kurs möchte wirtschaftswissenschaftliche Annahmen kritisch hinterfragen und interdisziplinäre Ansätze zur Ökonomie erarbeiten. Im Anschluss soll gefragt werden, ob und wenn ja, wie die Philosophie den Wirtschaftswissenschaften helfen kann, Phänomene zu fassen, die diese nicht sieht.
Die Wirtschaftswissenschaften sind spätestens seit der Finanzkrise 2008 in einer Krise: Weil die Situation damals nicht vorhergesagt wurde, werden ihre Annahmen als realitätsfern und ihre Vorhersagen als unpräzise kritisiert. Doch auch im Hinblick auf andere gesellschaftliche Erschütterungen wie die Klimakrise und die Coronakrise werden die Stimmen lauter, die nach neuen Formen des Wirtschaftens rufen und von der Wissenschaft andere Kriterien der wirtschaftlichen Beurteilung fordern: Nachhaltige Wirtschaft, Postwachstum statt Wachstum, Resilienz statt Effizienz.
Dass es den Wirtschaftswissenschaften schwerfällt, diese Diskurse in ihre Theorien zu integrieren, liegt vor allem an den von den Wirtschaftswissenschaften verwendeten Annahmen und Methoden: Die heute vorherrschende Lehrbuchtheorie (Neoklassik) geht davon aus, dass sich das Wirtschaftssystem als autonomes, natur-ähnliches Gefüge beschreiben lässt. Vorbild ist die Physik, mit deren Methoden das Feld erforscht wird.
An den Rändern der Wirtschaftswissenschaften und von anderen Disziplinen kommend, entwickeln sich jedoch seit geraumer Zeit alternative Theorien (Heterodoxe Ökonomie), die die Grundannahmen und Methodiken der Wirtschaftswissenschaften hinterfragen.Diese heterogenen Theorien haben eines gemeinsam: Sie gehen gerade nicht, oder nur in Teilen, von einem autonomen System aus und stellen die menschliche und weltliche Involviertheit des Wirtschaftsgeschehens in den Fokus.
Die Philosophie kann den angedeuteten Methodenstreit analysieren und ggf. von einem anderen Blickwinkel auf das Geschehen schauen.Dabei muss sie sich fragen, ob sie in der Lage ist, die Wirtschaftswissenschaften nicht nur zu kritisieren, sondern auch neue Erklärungen für wirtschaftliche Phänomene zu finden.
Kursstruktur: Im ersten Schritt (Sitzungen 1-6) geht es zunächst darum, die Neoklassik in Grundsätzen zu verstehen und wissenschaftstheoretisch um ihre Annahmen und Methoden zu reflektieren. Im zweiten Schritt (Sitzungen 7-10) stehen die heterodoxen Theorien und deren Ansatzpunkte im Vordergrund und es wird gefragt, inwiefern diese es schaffen, die blinden Flecken der Lehrbuchökonomie zu beleuchten. Im dritten Schritt (Sitzungen 11-13) soll offen diskutiert werden, wie eine philosophische Ökonomie aussehen kann. |