Literatur |
Zur Vorbereitung/Einstimmung:
Wilhelm Schmid, Von der Kraft der Berührung, Berlin 2019.
Im Seminar lesen wir:
Johann Gottfried Herder, "Plastik: Einige Wahrnehmungen über Form und Gestalt aus Pygmalions bildendem Traume" (1778), https://www.deutschestextarchiv.de/book/show/herder_plastik_1778
begleitend dazu: Ulrike Zeuch, Umkehr der Sinneshierarchie. Herder und die Aufwertung des Tastsinns, Tübingen 2000.
Maurice Merleau-Ponty, "Der Philosoph und sein Schatten", in: ders.: Das Auge und der Geist, Reinbek bei Hamburg 1967, 45-67.
Gesa Lindemann, Die Ordnung der Berührung: Staat, Gewalt und Kritik in Zeiten der Coronakrise, Weilerswist 2020.
Jean-Luc Nancy, Noli me tangere, Berlin/Zürich 2019.
Jean-Luc Nancy/Adèle Van Reeth, Lust, Wien 2011, 109-124.
Jacques Derrida, Berühren. Jean Luc-Nancy, Wien 2007 (Ausschnitte).
Karen Barad, "Berühren - das Nicht-Menschliche, das ich also bin", in: Kerstin Stakemeier (Hg.), Susanne Witzgall (Hg.), Macht des Materials – Politik der Materialität, Berlin 2014, 163-176. |
Lerninhalte |
Berührungen können heilen und verletzen, verbinden und trennen, schmerzen und beglücken. Die Corona-Pandemie wie die Maßnahmen zu ihrer Eindämmung haben uns vor Augen geführt, wie sehr menschliches Leben nicht nur auf helfende Hände angewiesen ist, sondern auch auf Berührungen. Im Berühren werden wir uns inne, dass wir unser Leben und Selbst-Sein anderen verdanken, dass wir bereits auf der Ebene unseres eigenleiblichen Empfindens mit Anderen kommunizieren und mit ihnen verbunden sind. "Eine berührungslose Gesellschaft", so schreibt die Soziologin Gesa Lindemann, "wären tote, nebeneinander liegende Körper." Im Seminar erkunden wir die Bedeutung des Berührens für unser Menschsein und diskutieren Politiken, die Ordnungen des Berührens errichten, die festlegen, wer, wann und unter welchen Bedingungen berühren und berührt werden darf. Wir beginnen mir einer sinnesanthropologischen Untersuchgung des Tastsinns ausgehend von Arbeiten Herders. In einem zweiten Schritt thematisieren wir das leibphänomenologische Konzept der Interkorporatlität (Maurice Merlau-Ponty). Den sozialen und politischen Dimensionen des Berührens nähern wir uns ausgehend von Texten Helmuth Plessners und Gesa Lindemanns. Abschließend befassen wir uns im Dialog mit Jean-Luc Nancy und Jacques Derrida mit dem Zusammenhang von leiblichem Exponiertsein, Sensibilität, Verletzlichkeit und Berührung.
In zwei Sitzungen, die von der Tanz-Choreographin Dominika Cohn gestaltet werden, werden wir uns dem Thema auch praktisch (Berühren von Oberflächen des Raumes, Selbstberührung, Contact Improvisation mit einfachen Partnerübungen) nähern.
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