Das Seminar befasst sich mit ausgewählten Aspekten selbstreflexiver Praktiken in medialer Kommunikation und populärer Kultur. Ziel der exemplarischen Streifzüge sind Einblicke in ein kultursoziologisches Vorgehen bei der Analyse spätmoderner Lebenswelten. Dazu dient uns eine kleine, auf die jüngere Gegenwart bezogene Feldauswahl:
Über die Ursprünge der Verhaltenstechnik ‚Coolness‘, über B. Brechts „Anleitung für Städtebewohner“ und H. Lethens "Verhaltenslehren der Kälte" zu Beginn des 20. Jhr. widmen wir uns im ersten Schritt Selbst- und Weltverhältnissen als thermische Metaphern (kühl/kalt- und Nähe/Distanz-Differenzierung). Am Beispiel der 68er-Bewegung fragen wir uns nachfolgend, was eine Bewegung bewegt, und weniger, was sie tut. Darauf bezugnehmend: Was vollzog die Technoszene in den 90er Jahren in ihrer Bewegung implizit politisch, und weshalb wurde die Szene von Teilen der 68er-Generation, zumindest in deren Etablierungsphase, als ausgesprochen kritisch bewertet? Im letzten Drittel wenden wir uns aktuellen Entwicklungen zu: Beispielsweise der Frage nach der (Un-)Möglichkeit romantischer Bindungen mit künstlicher Intelligenz. Anhand filmischer Repräsentationen fragen wir nach der wachsenden Popularität des Themas und streifen zumindest die darin zentral verankerte Frage nach dem genuin Menschlichen in Kommunikation mit digitalen Entitäten. Für die Analyse neuerer Formen der Selbstthematisierung ist auch ein Seitenblick auf (selbst-)ermächtigende Praktiken beim autosoziobiografischen Schreiben erkenntnisbringend. Hier geht die (Wieder-)Entdeckung der eigenen sozialen Herkunft (Klassismus-Thema) mit einer künstlerisch-ästhetischen (Produktions-)Dimension in Verbindung. In zwei Abschlusssitzung ist Raum für eigene Materialideen der Seminarteilnehmenden.
Die konzeptionelle Klammer des Seminars ist der Praktikenkomplex Selbstthematisierung/Selbstreflexion und dessen Karriere innerhalb der „Reflexiven Moderne“ (U. Beck) bzw. anderer Modernisierungsansätze. Theoretisch gerahmt werden die Inhalte mit Lektüre dazu, wie Praktiken der individuellen Selbstbezugnahme selbst Teil eines historischen und kulturellen Prozesses sind. Der Seminarverlauf ist durch zwei Feiertage verknappt. Auf Wunsch und bei Bedarf kompensieren wir dies durch Nachholblöcke in Absprache. |