Literatur |
John Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, hg. v. Walter Euchner, Frankfurt a.M. 1989, Zweite Abhandlung, Kapitel 5., "Das Eigentum", 215-231.
Karl Marx, Das Kapital, Erster Band, Berlin 1962 (MEW 23), Kapitel 24, "Die sogenannte ursprüngliche Akkumulation", 741-791.
Crawford Brough Macpherson, Die politische Theorie des Besitzindividualismus, Frankfurt a.M. 1980, Einleitung & 219-310.
Étienne Balibar, "›Possessive Individualism‹ Reversed: From Locke to Derrida", in: Constellations, vol. 9, No 3, 2002, 299-317.
Silvia Federici, Caliban und die Hexe. Frauen, der Körper und ursprüngliche Akkumulation, Berlin 2020 79-164 ("Die Akkumulation der Arbeit und die Herabsetzung der Frauen").
Eva von Redecker, Revolution für das Leben, Frankfurt a.M. 2020, 19-42 & 263-287.
Daniel Loick, Der Missbrauch des Eigentums, Berlin 2021.
Tilo Wesche, Die Rechte der Natur. Vom nachhaltigen Eigentum, Berlin 2022, darin: Teil 1, "Die Natur des Eigentums", 43-148.
Marcel Mauss, Die Gabe. Die Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften, Frankfurt 1968.
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Lerninhalte |
Mit der Überführung der Allmende in Privatbesitz bildet sich in den europäischen Gesellschaften der frühen Neuzeit eine Ordnung aus, die wesentlich auf der Idee des Eigentums beruht. Das hat Konsequenzen für das neuzeitliche Verständnis des Politischen, aber auch für Selbstverhältnisse. Die Aufgabe des Staates wird innerhalb der sich etablierenden "besitzindividualistischen" Ordnung darin gesehen, die Einhaltung von Verträgen abzusichern, die Besitzbürger vor allem schließen, um ihre Eigentumsansprüche zu schützen. Diese politische Konstellation geht mit neuen Formen von besitzindividualistischen Selbstverhältnissen und damit auch mit neuen Subjekten einher. Als Besitzindividualismus wird dabei vor allem eine Haltung bezeichnet, in der sich das Verhältnis des Subjekts zu sich selbst wesentlich als Selbstbesitz beschreiben lässt. Exemplarisch verkörpert finden wir dies in der politischen Theorie John Lockes, für den sich die Selbstidentität und das Selbstbewusstsein des Subjekts über einen Selbstbesitz vermitteln. Wesentliche Charakteristika des Subjekts wie seine Freiheit oder sein Leben gelten Locke und einer sich auf ihn berufenden liberalistischen Tradition als Güter, über die ihr Eigentümer frei verfügen kann. Mit Autorinnen wie Silvia Federici und Eva von Redecker zeigen wir, wie Besitzansprüche und -verhältnisse in der Neuzeit auch soziale Beziehungen sowie unsere bezihungen zur Natur überformen.
Im Seminar fragen wir nach dem Preis dieser besitzindividualistischen Formation und disktutieren klassische wie aktuelle Ansätze einer Eigentumskritik. Diese Ansätze reichen von Positionen, die am Recht auf Eigentum festhalten, die Reichweite von Eigentumsansprüchen aber beschränken wollen (Marx, Wesche), bis zu Stimmen, die das Privateigentum als solches in Frage stellen (von Redecker, Loick) und für eine Vergemeinschaftung essentieller Güter (Land, Wohnraum...) plädieren. Als Alternative zu eigentumsbasierten Ökonomien schauen wir uns schließliche eine ethnologische Studie zu pazifischen Gesellschaften an, die eine Ökonomie der Gabe ausgebildet haben (Mauss).
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