Die mittelalterlichen Kathedralen in England gehören zu den bemerkenswertesten und eindrucksvollsten Objekten der Kunstgeschichte. In der kontinentalen kunsthistorischen Forschung werden sie allerdings nur selten behandelt. Dabei lohnt sich eine Beschäftigung mit diesen Bauten gerade deshalb, weil hier - etwa im Vergleich zur französischen Kathedralgotik - ganz eigene Traditionen und nicht selten „unklassische“ Lösungen entwickelt wurden.
Die Vorlesung bietet einen stil- und funktionsgeschichtlichen Überblick über die Entwicklung sakraler Großbauten in England. Um ihrem einführenden Charakter gerecht zu werden, ist sie nach den traditionellen Stilphasen geordnet, ohne diese Ordnung zum Selbstzweck zu erklären. Der Überblick setzt dementsprechend bei den angelsächsischen Anfängen an, thematisiert die umfassende Erneuerung des Bauwesens in Folge der normannischen Eroberung 1066 und nimmt schließlich die folgenden Phasen der Gotik (Early English, Decorated, Perpendicular) in den Blick. Von besonderem Interesse ist dabei das Verhältnis von Kontinuität und Veränderung: Zu welchen Zeiten und mit welchen Mitteln wird Bestehendes bewahrt und erweitert und zu welchen Zeiten wird in der Sakralarchitektur „tabula rasa“ gemacht?
Neben der stilgeschichtlichen Betrachtung steht die Auseinandersetzung mit der Funktion der einzelnen Teile einer Kathedrale. Auch hier zeigen sich im Vergleich zur kontinentalen Architektur einige Besonderheiten, die es herauszuarbeiten gilt. So lässt sich gerade im Vergleich englischer und kontinentaler Kathedralarchitektur die Vielfalt an Lösungen im spannungsvollen Verhältnis von Architektur und Funktion aufzeigen - ein Thema, das über England hinaus von hoher Relevanz ist.
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