Zeami Motokiyo 世阿弥 元清 (1363–1443) gilt als wichtigste Gestalt in der Entstehung des klassischen japanischen No-Theaters. Als Schauspieler, Bühnenautor, Anführer einer erfolgreichen Schauspieltruppe und enger Vertrauter des damaligen Machthabers Ashikaga Yoshimitsu prägte er wie kein anderer die Transformation des No-Theaters von einer Volkskunst zu einer aristokratisch geprägten Darstellungsform und einem buddhistisch verstandenen Übungsweg. Neben seiner Arbeit als Schauspieler und Bühnenautor verfasste Zeami zudem stärker theoretisch ausgerichtete Schriften mit Anweisungen für seine Nachfolger, die über Generationen hinweg im Geheimen weitergegeben und erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Öffentlichkeit zugänglich wurden.
Der Blumenspiegel stellt eine der wichtigsten dieser geheimen Schriften aus der mittleren Phase von Zeamis Schaffen dar. In ihr mischen sich konkrete Anweisungen an den Schauspieler mit Begriffen aus der buddhistischen Philosophie und Praxis sowie Ansätzen aus der poetischen Theorie. Der Blumenspiegel stellt daher eine gute Ausgangsbasis dafür dar, die Übertragung des buddhistischen Übungsweges als philosophisch-spiritueller Lebensform in ästhetische Praktiken und damit die Übersetzung philosophischer Begriffe in leibliche Übungsformen am Beispiel des No-Theaters nachzuverfolgen.
Im Seminar werden wir uns einer genauen Lektüre des Blumenspiegels widmen und dabei ein besonderes Augenmerk auf Verbindungen zur buddhistischen Philosophie legen. |