Am Sonntag früh auf dem Kehrwiederwall lohnt es sich in die Stadt Hildesheim »hineinzuhören«: Gegen 10 Uhr lässt das Stadtgeläut eine Klanglandschaft der besonderen Art entstehen. Der öffentliche Raum wird klingend als sakraler Raum erfahrbar. Die Kirchenglocke ist Zeit- und Signalgeber, zugleich aber auch ein geweihtes Objekt, dessen Ton eine klangmagische Wirkung zuerkannt wurde. In den ländlichen wie urbanen Regionen kam dem Geläut und dem Spiel der Glocken eine enorme identitätsstärkende Bedeutung zu.
In dem Läuten der Kirchtürme in Hildesheim dokumentiert sich überdies der gemeindeübergreifende Wille, die Turmgeläute zeitlich und klanglich aufeinander abzustimmen und gemeinsam die urbane Lautsphäre akustisch zu gestalten.
Welche dieser vielfältigen Bedeutungszusammenhänge, in denen das Glockenläuten einstmals stand, sind auch heute noch in einer modernen, urbanen Gesellschaft nachweisbar? Als Ziel einer kleinen Feldforschung soll zu ausgesuchten Kirchen in und um Hildesheim ein "Glocken-Profil" erstellt werden, das Geläut akustisch dokumentiert, Gemeindemitglieder befragt und Archivalien (Läuteordnungen, Glockengutachten etc.) gesichtet - und methodische Fragen einer angemessenen Dokumentation diskutiert werden.
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