Lerninhalte |
Wut, Mut, Tapferkeit, Angst, Liebe, Hass, Scham sind Gefühle. Gefühle werten für uns die Welt aus. Mit ihnen können wir uns in eine Beziehung zur Welt bringen, uns in sie involvieren (Agnes Heller). Sie geben uns Richtungen vor, was gut und schlecht, nützlich oder schädlich ist. Mit ihnen nehmen wir wertend Bezug auf Ereignisse, Menschen, unsere Absichten, Wünsche und Vorstellungen. Jegliches Fühlen veranlasst uns also, leidenschaftlich mit der Welt verhaftet zu sein. Fühlen heißt somit auch, ein intensives Band mit der Welt aufzunehmen und aktiv weiterzuführen. Gefühle entstehen aber nicht abgeschlossen in uns, sondern was und wie wir fühlen ist in einem erheblichen Maße von der Gesellschaft bestimmt, in der wir leben. Wir lernen unsere Gefühle durch unsere Umgebung und übernehmen durch sie das Wertesystem einer Gesellschaft. Im Seminar wollen wir uns deshalb tiefergehend mit der Vorgeschichte der Gefühle auseinandersetzen. Wieso erscheinen uns einige Gefühle richtiger und besser zu sein, als andere? Wieso halten wir einige Gefühle für schlecht? Woran machen wir die Unterschiede fest? Um dies zu erkunden, wollen wir uns den philosophischen Diskurs ansehen, der die bürgerliche Gefühlswelt in Europa geprägt hat, d.h. unsere Moralität und unsere Vorstellungen von einem guten Zusammenleben. Dadurch wollen wir herausfinden, was ein Gefühl von einem Affekt oder einer Leidenschaft unterscheidet, wie und ob die Sinnlichkeit zu den Gefühlen zu rechnen ist, und was diese Unterscheidungen für die Trennung von Geist und Körper bedeutet. Sind diese Grenzziehungen zwischen Gefühl, Affekt, Emotion, Sinnlichkeit, Körper(lichkeit) künstlich und letztlich nicht auf scharfe Trennlinien, sondern eingeübte Gefühle und Praktiken des Fühlens zurückzuführen? Dabei wollen wir immer wieder mitreflektieren, was die Verbindungen und was der Unterschied zwischen und in dem Komplex „Gefühl-Sinnlichkeit-Körperlichkeit“ hervorruft, d.h. wie es hier zu Grenzziehungen kommt. Gerade die hier getroffenen Grenzziehungen könnten uns helfen, zu verstehen, welche Konsequenzen dies für unsere heutige Gesellschaft, unsere ethischen und politischen Bewertungen, hat. Wann halten wir ein Gefühl für politisch nützlich, wann nicht? Welche Gefühle dürfen wir öffentlich zeigen, welche nicht? Was können wir über diffuse oder ambivalente Gefühlslagen über uns selbst lernen? Neben philosophischer Literatur werden wir uns exemplarisch auch mit der Darstellung von Gefühlen in und durch Theaterstücke auseinandersetzen. |