Die künstlerische Auseinandersetzung des Jazz mit Lyrik und Prosa zieht sich wie ein roter Faden durch den europäischen und US-amerikanischen Jazz seit 1945. Dem narrativen Potential der Jazzimprovisation steht auf der Ebene des Sprachlichen deren Musikalisierung in der Lyrik und die performative Ausarbeitung im Rezitationsvorgang auf der Bühne gegenüber.
Bereits die Beat-Generation sah im Jazz (Bebop) den klingenden Ausdruck ihres von Tempo und der Intensität geprägten Lebensentwurfs; Sprache als Träger politischer Botschaften eröffneten Free Jazz-Musikern wie Archie Shepp und Cecil Taylor eine Ausdrucksebene jenseits des rein Musikalischen; und der JazzRap band den improvisatorischen und musikalischen Gehalt von Rap-Texten harmonisch in einen jazzmusikalischen Kontext ein.
Es waren aber vor allem europäische Jazz-Musiker, die die Zusammenarbeit mit Vertretern einer deutschsprachigen Literatur der Zeit nach 1945 (Grass, Rühmkorf, Jandl, Kling etc.) suchten. Einige dieser Projekte entwickelten Konzepte, die in eine langjährige Zusammenarbeit mündeten. Exemplarisch seien hier Günter Grass an der Seite von Günter »Baby« Sommer (Schlagzeug) und Peter Rühmkorf an der von Michael Naura (Klavier) und Michael Schlüter (Vibraphon) genannt.
Im Rahmen des Seminars wollen wir die Qualität der Auseinandersetzung von Jazz-Musikern mit literarischen Inhalten vor allem von der musikalischen Seite aus betrachten. Das Spektrum reicht von Jazz-Lyrik-Produktionen, in denen der Jazz kaum mehr als eine musikalisch-untermalende Rolle übernimmt, bis hin zu Projekten, in denen Text und Musik eine enge strukturelle Verzahnung – hier vor allem als Ausdruck einer engen Zusammenarbeit zwischen Schriftsteller und Musiker/in – eingehen.
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